Die Reichsbürgermaut

img_6603(02.12.16)  Hurra, die Maut kommt! Der Mann mit der lustigen Brille und den hippen Hemden hat es geschafft. Sein Chef Horst hat recht behalten: „Ein Dobrindt scheitert nicht!“ Dass die Frau Merkel den Herrn Juncker neulich beim Abschiedsessen mit Obama gebeten hat, den kleinen Alexander auch mal gewinnen zu lassen, lassen wir an dieser Stelle mal diskret beseite.

Wichtig ist, dass WIR endlich eine Maut bekommen. ALLE ANDEREN haben eine. Nur WIR nicht. WIR wollen auch!

Entscheidend sind natürlich die Rahmenbedingungen. Satzverstand hat wie immer genauer hingeschaut:

Die schwarze 1

Sparfuchs Schäuble hat klar gemacht: Am Ende muss etwas für den Bundeshaushalt übrig bleiben. Schwierig. Ist ja schon ein ziemlicher Aufwand mit dieser Maut. Aber der Finanzminister hat netterweise keine konkrete Zahl genannt. In der Nacht zum 2. Dezember haben sich CDU und CSU auf einen Mindesteinnahmebetrag von 1,00 Euro geeinigt. An dieser schwarzen 1 wird selbst ein Dobrindt nicht scheitern. Und wenn doch: Eine Extraklausel erlaubt ihm, den Euro aus eigener Tasche zu zahlen.

Die Reichsbürgermaut

Die Maut soll die Deutschen nicht belasten. Auch schwierig. Deutsche Regierungen haben seit den beiden Wilhelms keinerlei Erfahrung mit Gesetzen, die den Bürger am Ende nichts kosten. Aber auch dieses Problem haben die Unionsparteien mit Bravour gelöst – und dabei gleich auch noch die Sache mit den Reichsbürgern erledigt.

Die Reichsbürger, von denen man ja jetzt erstaunlich oft liest, erkennen die Bundesrepublik nicht an. Sie leben nach wie vor in den Grenzen des Deutschen Reiches. Dieses Reich hatte aber nicht nur großzügige Außengrenzen, sondern auch ein paar nette Binnengrenzen: zwischen Preussen und Bayern, Hohenzollern, Württemberg und Baden, zwischen Hessen und Thüringen, Braunschweig und Oldenburg und natürlich rund um Schaumburg-Lippe.

Der Plan geht so: Die Bundesregierung erkennt die Reichsbürger offiziell an. Damit werden sie amtlich zu Ausländern und damit mautpflichtig ohne Ausgleich über die KfZ-Steuer. Steuern zahlen sie ja ohnehin nicht. Darüber hinaus verpflichten sich die Reichsbürger, auch beim Überqueren aller ehemaligen Binnengrenzen innerhalb der Reichsgrenzen von 1937 kräftig Maut zu entrichten. Der Bayer wird quasi zum Ausländer im ehemaligen Land Preussen. Umgekehrt dürfte es für Bayern allgemein kein Problem darstellen, Preussen als Ausländer zu betrachten.

Nach ersten Berechnungen kann der Finanzminister durch die Reichsbürgerintegrationsmaut mit Mehreinnahmen von bis zu rund knapp exakt etwa vier Billiarden Reichsmark rechnen (inflationsbereinigt). Denn der Reichsbürger ist ein mobiles Kerlchen. Mindestens einmal im Jahr kontrolliert er mit seinem VW-Kübelwagen die alten Reichsgrenzen. Da ist er nicht anders als der Moslem mit seinem Mekka.

Die Zeitgenossen mit dem locker verschraubten Oberstübchen können auf diese Weise tat- und zahlkräftig beweisen, dass sie tatsächlich einstehen für ihren Glauben an die schöne alte Zeit, in der eine blonde deutsche Frau nachts noch sicher durch ein KZ gehen konnte.

Ich gehe mal davon aus, dass nach Inkrafttreten des Reichsbürgermautgesetzes die Reichsbürgerpassausgabestellen nachmittags früher schließen können. Wäre das also auch gelöst. Schönes Wochenende.

(© Satzverstand 2016)