Die Qual der Wahl (1): Denken wir neu.

(28.08.17) Nicht mal mehr vier Wochen bis zur Bundestagswahl. Höchste Zeit, dass wir uns auch in diesem kleinen Blog mit der Qual der Wahl beschäftigen. Und was eignete sich für den Einstieg besser, als die Lindner-Hymne „Denken wir neu“.

Das neue Denken beginnt damit, dass der FDP-Chef auf den Reklametafeln nur in kopfklarem smart-weiß erscheint. Wer hätte gedacht, dass die Liberalen mit den 24.600 ORWO-Schwarzweißfilmen des VEB Fotochemisches Kombinat Wolfen doch noch was anfangen können, die die Ost-Liberaldemokraten 1990 in die Gütergemeinschaft mit der FDP eingebracht haben.

„Denken WIR neu“ schlägt die FDP vor. Und genau das ist der Haken an der liberalen Sache. Denn wenn mein Vater früher sagte „WIR müssen heute Auto waschen“ oder „WIR müssen mal wieder Rasenmähen“, war klar, wer an diesem Samstagnachmittag einschließlich Aufharken und Mähersauberkratzen nicht mehr rechtzeitig mit Raumschiff Enterprise in unendliche Weiten aufbrechen würde.

Wenn es wir heißt, werde ich also notorisch misstrauisch. Am Ende bleibt das Denken doch wieder an Unsereiner hängen und die FDP macht sich in Berlin einen schönen Regierungslenz mit Ringelpiez bei Feinkost Lindner.

Ohne Vorurteile sollen wir neu denken, sagt Herr Lindner. Nicht immer sagen: „So haben wir das immer gemacht“. Das allerdings finde ich beneudenkenswert. Vielleicht sollte ich dieses Mal meine Stimme nicht wie sonst immer einfach abgeben? Sie stattdessen im Gemüsefach des Kühlschranks frisch halten und erheben, wenn das magentagelbe Denkversprechen nach dem 24. September ins Kleingedruckte eines Koalitionsvertrages rutscht.

Nein, selbstverständich ist Wählen demokratische Ehrensache. Daran ändert auch das Kandidatenpotential nichts.

Ein bisschen beleidigt bin ich aber doch, liebe FDP. Denn gerade fragt mich Euer Europagraf Lambsdorff von jedem vierten Laternenpfahl der Nachbarschaft herab, wie es wäre, wenn Bonner Kinder die nächste digitale Revolution starten würden. Als ob der Papa digital nichts mehr drauf hätte! Wer hat denn erst neulich die Trashcan-App für den Wendehammer entwickelt? Sie zeigt meiner WhatsAppfall-Gruppe präzise an, wer noch Luft unterm grünen, gelben, braunen oder schwarzen Deckel hat. Dann muss auch der Nachbar aus der Parallelstraße nicht mehr nächtens in alle Biotonnen leuchten, um noch irgendwo seinen restlichen Heckenschnitt zu verklappen. Die ersten Übernahmeofferten aus dem Silikontal laufen schon ein….

 

© Satzverstand August 2017

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