Deutschland-Sale – Alles muss raus!

29 Cent für eine „Stabfahne Deutschland (63 x 28 cm)“ – Der Deutschland-Sale hat begonnen. Fußballtröten, Merkel, Diesel, DFB-Ratzefummel, Seehofer und Grenzschlawiner: Alles muss raus! Langsam steigert sich das Land wieder in die richtigte Stimmung für eine gepflegte Novemberrevolution.

Und dann erst der SPIEGEL an diesem Samstag: der Titel erstmals seit Erfindung des Buchdrucks total am Boden. Über zerfließenden Landesfarben die Gutelaunezeile „Es war einmal ein starkes Land“.

Als ich am Abend ins Bett gegangen bin, war ich mir nicht sicher, ob ein paar Stunden später die Sonne über Deutschland wieder aufgeht. Aber sie ist wieder da. Mir scheint, sie scheint seit dem Entsetzen von Kasan sogar noch ein bisschen intensiver für uns – zum Trost.

Mein Tipp: Antizyklisch handeln. Stabfahnen kriegt man nie wieder so günstig. Gleich drei Stück habe ich mir gestern für Nationalstolz dämpfende 87 Cent zugelegt. Wenn wir 2022 in Katar Weihnachtsweltmeister werden, habe ich schon mal was zum Wedeln unterm Christbaum.

Wobei ich nicht sicher bin, ob wir in vier Jahren in der Wüste wirklich was reißen. Wenn man Geschichte studiert hat, stoßen einem gerne mal rückblickende Vorahnungen auf. Österreich ist ja momentan verdächtig im Kommen. Wenn der Kurz Basti weiter so einen Lauf hat, könnte es 80 Jahre nach der Anschlussfeier auf dem Wiener Heldenplatz schon im November (!) ein Rückspiel vor dem Brandenburger Tor geben.

In Erwartung des 5. Sterns hat der DFB auch das Weizenbierglas-Set „Rudi+Waldi“ stark reduziert. Schnell noch zuschlagen, denn der Rabatt kann jetzt jederzeit zurückgenommen werden!

Quatsch? Na, wer hat uns denn gerade und ausgerechnet 40 Jahre nach Cordoba mit 2:1 besiegt? Österreich. Wen hat denn Bayerns Ministerpräsident Markus Söder gerade um Hilfe gegen Merkel gebeten? Österreich. Wer hat denn gerade die EU-Ratspräsidentschaft und damit so etwas wie die Kaiserwürde in Europa übernommen? Österreich. Und wen hat denn der US-Botschafter in Berlin lieber als uns? Eben.

Bei der Fußball-WM 1938 ist die bislang erste und letzte „großdeutsche Mannschaft“ im Achtelfinale gegen die Schweiz ausgeschieden. Sepp Herberger, der zur Überraschung vieler nicht erst 1954 in Bern auf die Welt gekommen ist, hatte auf Druck der Reichsführung die Hälfte seines Teams gegen Österreicher austauschen müssen. 80 Jahre später wäre Fußballdeutschland heilfroh gewesen, wenn in Moskau, Sotschi und Kasan ein paar Österreicher zum Einwechseln auf der Bank gesessen hätten.

Aber noch mal kurz (hihi) zurück zum neuen Alpenduo: Als sich zuletzt 1618 ein Wiener Kaiser (Ferdinand II.) und ein bayerischer Kurfürst (Maximilian I.) zu einem Kreuzzug gegen die Ketzer im Norden verschworen haben, hat das Ganze 30 lange Jahre gedauert. Nur gut, dass Frankreich und Schweden diesmal noch mit einer Fußball-WM beschäftigt sind (Stand 1. Juli).

© Satzverstand, 1. Juli 2018

 

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