Interview mit RKI-Präsident Prof. Lothar Wieler

Prof. Lothar Wieler gibt nicht gerade viele Interviews. Für ein Porträt des Robert-Koch-Institutes in Berlin hatte ich Ende 2022 Gelegenheit, eine Stunde mit dem Präsidenten des RKI zu sprechen – über die anstrengende Pandemiebewältigung, Aufgaben und Geschichte des Instituts und mögliche neue Gesundheitsgefahren.

Das RKI-Porträt und das Interview mit Wieler sind gerade in der Januarausgabe des Magazins „Gesundheit + Gesellschaft“ erschienen. Gerade noch rechtzeitig, denn Lothar Wieler hat am 11. Januar 2022 – für die meisten überraschend – seinen Rückzug von der RKI-Spitze angekündigt. Anfang April will er sein Präsidentenbüro räumen.

„Der Schritt erfolgte im Einvernehmen“, heißt es in der Presseinfo des RKI mit dem Dank von Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach für Wielers „herausragende Verdienste“ in der Pandemie. „Ohne Prof. Wieler wäre Deutschland deutlich schlechter durch diese Pandemie gekommen“, schreibt der Minister.

„Gegenseitiges Einvernehmen“ ist ein tückisches Gewächs im Floskelwald der Arbeitswelt. Man darf und sollte vielleicht auch zwischen den Zeilen lesen. „Unabhängigkeit der Forschung muss auch zukünftig akzeptiert werden, denn sie ist unabdingbar, damit das RKI seine Aufgaben erfüllen kann“, schreibt Wieler. War da was?

Für eine Aktualisierung des Interviews nach der Abschiedsankündigung habe ich dazu eine Frage nachgereicht: Darf man aus Ihrer Formulierung im Umkehrschluss schließen, dass Sie sich um die Unabhängigkeit des Instituts Sorgen machen? Wielers Antwort ist trotz diplomatischer Formulierung eindeutig:

Als zentrales Ressortforschungsinstitut des Bundes auf dem Gebiet der anwendungs- und maßnahmenorientierten biomedizinischen Forschung hat das Forschungsspektrum einen klar definierten Rahmen. Aber die Wahl der Forschungsmethoden und die Auswertung der erhobenen und analysierten Daten, die ist unabhängig. Ich habe in den letzten Jahren immer wieder die Erfahrung gemacht, dass bei manchen Diskussionen auch Selbstverständlichkeiten in Vergessenheit geraten können, daher betone ich das gerne nochmals.

Auf die spätere Bewertung der Pandemiezeit und der politischen Akteure durch einen von ministeriellen Weisungen befreiten Lothar Wieler darf man gespannt sein. Ich freue mich jedenfalls, dass das Gespräch mit ihm „gerade noch rechtzeitig“ geklappt hat.