„Neulich im Kompost“: das Gemüse-Ensemble im Porträt

Regelmäßig kommen in meinem Blog  Salat, Brokkoli, Lauch oder Zwiebeln zu Wort. Die Gedanken des wahlweise politischen, kritischen, philosophischen, misstrauischen oder neugierigen Komposts haben Gewicht.

Häufig werde ich gefragt, ob für die Kompost-Fotos Gemüse leiden muss. Das ist natürlich nicht der Fall. Bei der medialen Verarbeitung halte ich mich streng an die 1995 verabschiedete Vegetable-Convention der Vereinten Nationen (UNVC).

Bei meinen Kompost-Darstellern handelt es sich um ein festes Team aus bissfestem regionalen Gemüse, mit dem ich seit vielen Jahren erfolgreich zusammenarbeite. Alle Ensemblemitglieder sind gegen Schimmel geimpft, gegen Schneckenbiss versichert und bei der Bundesgemüseagentur (BGA) gemeldet. Schwarzwurzeln kommen nicht ins Bild.

Das Kernensemble im einzelnen:

    • Der Brokkoli ist entfernt verwandt mit dem 1996 verstorbenen James-Bond-Produzenten Albert R. Broccoli. Dank dieser Beziehungen schaffte er es ohne Schauspielschule direkt vor die Kamera. Bekannt wurde er 1993 durch seine Rolle als junger Brokkoli in dem Blockbuster „Denn sie wissen nicht, was sie essen“. Später brillierte er als Gemüsebeet-Erbe in dem Pilcher-Elfteiler „Salatherzen im Sturm“. Mit der Figur des gutherzigen Dr. Brokkoli in der ARD-Serie „Das junge Arztgemüse“ spielte er sich ab 2011 endgültig in die Herzen des TV-Publikums. Dennoch sind dem Brokkoli Starallüren fremd. Bei Satzverstand ist er seit Mai 2017 unter Vertrag.

 

    •  Die Möhren zählen seit Januar 2022 zum Team. Als Quereinsteigerinnen absolvierten sie einen Pantomime-Schnellkurs an der Gemüseakademie der AOK Sachsen-Anhalt. Zuvor engagierten sie sich lange ehrenamtlich im Kampf gegen die gemeine Möhrenfliege.

 

    • Die Gemüsezwiebeln rührten vor ihrem Engagement bei Satzverstand (seit Mitte 2021) viele Jahre Millionen TV-Zuschauer bei „Lafer! Lichter! Lecker!“ zu Tränen. Ursprünglich kommen meine Zwiebeln aber vom Musical („Tränen lügen nicht“). Im Kompost sind sie für ihre scharfe Zunge bekannt.

 

    • Die Tomaten sind auf eigenen Wunsch in Teilzeit tätig. Sie teilen sich die „Planstelle Nachtschattengewächs“, um parallel Theaterengagements in Bochum, Berlin und Harsewinkel wahrnehmen zu können. Das Schauspieltalent wurde ihnen ins Saatbeet gelegt: Zwei Urgroßtomaten zählten 1991 zu den Hauptdarstellerinnen im Kino-Rührdrama „Grüne Tomaten“. Das Mitwirken von Ururgroßtomate Francesca in „Angriff der Killertomaten“ 1978 ist ihnen dagegen eher peinlich.

 

    • Der Lauch verfügt über die größte Theatererfahrung im Team. Nach der Ausbildung an der Hochschule für Schauspielkunst „Ernst Spitzkohl“ in Berlin arbeitete er unter anderem mit Peter Zadek in Bochum und Frank Castorf an der Berliner Volksbühne. Für sein leidenschaftliches Spiel in der Titelrolle der Brecht-Adaption „Der gute Lauch von Sezuan“ wurde er 2019 mit dem Deutschen Schauspielpreis in der Kategorie „Reifes Gemüse“ ausgezeichnet. Seine während der Pandemie entstandenen Memoiren „Du Lauch!“ standen 2022 zwölf Wochen lang auf der Spiegel-Bestsellerliste.

 

    • Der Blumenkohl kam 2018 über das Laienschauspiel zu Satzverstand. Von eher zurückhaltender Art, mimt der Blumenkohl bevorzugt die gedünsteten Charaktere. Im philosophischen Kompost blüht er auf. Spitzname: Kompost-Precht.

 

    • Die Paprika ist das Chamäleon des Komposts. Mal optimistisch grün, provokant rot oder geduldig gelb, spielt sie sich gerne in den Vordergrund. Das mag auch an einer frühen Zusammenarbeit mit dem Anarchoregisseur Christoph Schlingensief liegen. Als Veganerin lehnt die Paprika die Zusammenarbeit mit Eierschalen in KomPost grundsätzlich ab. Das führt gelegentlich zu vertraglichen Konflikten.

Neben dem Kernensemble sind an den Kompost-Produktionen saisonale Nebendarstellerinnen und -darsteller auf Honorarbasis beteiligt, darunter Bananen, Erdbeeren, Spargel, Grün- und Rosenkohl sowie Kartoffeln.

 

© Satzverstand – 6. Dezember 2023