Kinderrecht auf Medienzugang: Vielen Dank auch, liebe UNO!

Sollte am Donnerstag ganz Bonn –  ach, was schreibe ich – die ganze Köln-Bonner-Bucht in einem selbst für rheinische Vorstellungen nie dagewesenen Verkehrschaos versinken, dann sind meine Frau und ich daran schuld.

Rücksichtlos haben wir einen Medienkonflikt mit unserem Sohn eskalieren lassen. Jetzt hat er bei den Vereinten Nationen (Geschäftsstelle Bonn) UN-Truppen zur Durchsetzung seiner verbrieften Kinderrechte angefordert.

Wir rechnen deshalb zum Tag der Kinderrechte am 20. November mit einem großflächigen Einsatz von Blauhelmen zu Wasser, zu Lande und in der Luft. Bitte umfahren Sie unseren Wendehammer großflächig.

Was zuvor geschah: Vor ein paar Tagen haben in unserer Nachbarschaft gedungene Plakatierer mit Unterstützung der Landesregierung Riesenplakate zum 30. Geburstag der UN-Kinderrechtskonvention verkleistert.

Kinderrechte sind eine prima Sache: Genug zu essen und zu trinken, saubere Kleidung, Platz zum Leben und Spielen, frische Luft, keine Kloppe und das Recht auf Schulbildung.

Doch was steht auf diesem unseligen Plakat gegenüber vom beliebten Korfu-Grillimbiss*: „Medienzugang – Unser Recht!“ Na super. Ganz klasse! Danke, liebe „Landesvereinigung Kulturelle Jugendarbeit Nordrhein-Westfalen“ – auch im Namen aller anderen doppelt-, allein- oder wie auch immer erziehenden Eltern, Mütter, Väter.

Sammelklage des Klassenrates

Unser Sohn hat das Plakat sofort gesehen und uns sein von der Völkergemeinschaft zugedachtes Recht unter die Nasen gerieben. Es sei blankes Unrecht, seinen Medienzugang unter Hinweis auf schlimme Folgen des Daddelns, auf ein angeblich verlottertes Kinderzimmer oder auf eine Mathearbeit am nächsten Tag brutal einzuschränken.

Wir sehen das anders. Andere Erziehungsverpflichtete offensichtlich auch. Die entrechteten Kids haben sich deshalb im Klassenrat zu einer Sammelklage entschlossen. Vorgestern wurde uns eine einstweilige Verfügung des Landgerichtes Bonn zugestellt.

Darin werden wir aufgefordert, jegliche Begrenzung der täglichen Onlinezeit aufzuheben. Im Kinderzimmer muss laut Beschluss rund um die Uhr schnelles Internet zur Verfügung stehen. Und jedweder Medien-Entzug aus pädagogischen Gründen wird uns bis auf Weiteres untersagt.

Kein Fernsehverbot mehr? Kein Handy-Entzug? Damit verlören wir die einzigen Strafmaßnahmen, die bei minderjährigen Haushaltsangehörigen noch geringe Spuren einer hauchdünnen Wirkung zeigen.

Stempel riecht leicht nach Kartoffel

Wir haben deshalb bilaterale Verhandlungen aufgenommen. Unser Hauptargument: Der Brief vom Landgericht wirkt irgendwie zusammenkopiert und der Stempelabdruck riecht leicht nach Kartoffel.

Die Gegenpartei hat uns daraufhin großzügig vorgeschlagen, für mehr Medienzugang das Recht auf Schulbesuch zu opfern. Sie sei sogar bereit, die Vokabel-App zu löschen. Die blockiere sowieso nur wertvollen Speicherplatz, der für eine geplante Minecraft-Erweiterung dringend gebraucht werde.

An dieser Stelle sind die Verhandlungen festgefahren. Auch meine Frau und ich setzen jetzt auf Deeskalation durch die UNO-Friedenstruppen. Im besten Fall können die Blauhelme auch Hecken schneiden und Wintereifen aufziehen.


© Satzverstand – 19. November
2019

*Ich mache gerade ein Influencer-Praktikum. Im Übrigen schmecken Fritten und Pizza da wirklich super.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.