Euronorm für den „kleinen Mann“ kommt

portrait_sw_toro(25.11.16) Neue Nachrichten aus Brüssel: Die Euronorm für den kleinen Mann von der Straße kommt. Die Europäische Kommission bringt nach Satzverstand-Recherche eine Initiative auf den Weg, nach der die national höchst unterschiedlichen Größenangaben vereinheitlicht und den evolutionären Entwicklungen angepasst werden sollen. Zudem soll künftig in der EU-Gesetzgebung gleichberechtigt von der kleinen Frau die Rede sein.

So ist es bisher: Für den kleinen Mann gelten in allen 28 EU-Mitgliedstaaten nationale Eigengrößen. Grob lässt sich sagen, dass sich die Grenzwerte – ausgehend von den Mittelmeeranrainer – nach Norden hin erhöhen. Während sich in Italien nur Männer bis zu einer Scheitelhöhe von 1,60 Meter als kleiner Mann bezeichnen dürfen, werden beispielsweise in Dänemark oder Schweden Männer bis zu 1,85 Metern zu dieser Gruppe gezählt.

Obwohl die Menschen dank Cola, Himbeereis und Gensoja weltweit größer werden, haben sich die zahlreichen Nationalnormen in Europa seit dem multilateralen Kleiner-Mann-Abkommen von Pisa (1994) nicht grundsätzlich geändert. Frankreich hat den Grenzwert in der Zeit der Präsidentschaft von Nicolas Sarkozy (2007 bis 2012) sogar um fünf Zentimeter gesenkt.

„Aus den unterschiedlichen Größenangaben erwachsen immer wieder extreme populistische Ungerechtigkeiten“, sagte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker bei der Vorstellung der Normungsinitiative am 25. November 2016 in Brüssel. So werde der kleine Mann in den EU-Staaten höchst unterschiedlich nicht gefragt, was er wolle. Daraus ergibt sich nach Ansicht der EU-Kommission ein gefährliches Missachtungsgefälle innerhalb der Union.

Stimmt das?  Ja. Denn wenn es in Dänemark heißt „Der kleine Mann wird nicht gefragt“, fühlen sich dank höherer Grenzwerte 69 Prozent der Menschen übergangen – daraus erwächst ein starkes Gemeinschaftsgefühl. In Frankreich müssen dank der Sarkozy-Senkung im EU-Vergleich die meisten kleinen Leute die Zeche zahlen (74 Prozent). Die Liga der europäischen Populisten (LeuPop) kritisiert seit langem die einseitige Bevorzugung von Marine le Pen.

In Italien sind es wegen des niedrigen Schwellenwertes nur 36,7 Prozent, die von den Eliten ignoriert werden. Die erwähnte gute Ernährung hat die Stiefel-Männer seit 1970 um durchschnittlich 1,2 Zentimeter wachsen lassen. Immer mehr Italiener überragen also die 1,60-Grenze und werden bei politischen Entscheidungen wieder einbezogen. Ein echtes Problem für den regionalen Populismus.

Und was passiert jetzt? Die EU-Kommission schlägt einen europaweit einheitlichen Kleiner-Mann/Kleine-Frau-Wert von 1,76 Meter vor. In die Berechnung dieses Durchschnittswertes wurden Experten aus allen Mitgliedsländern einbezogen – der kleine Mann wurden selbstverständlich nicht gefragt, zahlt aber weiter konsequent die Zeche.

Gleichberechtigung: Mit der Einbeziehung der kleinen Frau in die Gruppe der Zechebezahler trägt die EU einer Entwicklung Rechnung, die in den meisten Ländern längst gelebter Alltag ist. Juncker: „Vor der Einführung des Frauenwahlrechtes mussten Bürgerinnen nicht offiziell übergangen werden. Sie hatten ohnehin nichts zu sagen. Jetzt ist es an der Zeit, dass die kleine Frau auch ganz offiziell und gleichberechtigt mit dem kleine Mann für alles bezahlen muss, was wir Politiker anrichten.“

In einem Aufwasch soll in der EU-Richtlinie EU-176c/m-2016 zudem festgelegt werden, dass sich der kleiner Mann und die kleine Frau nicht mehr ausschließlich auf der Straße aufhalten müssen, um für alles bezahlen zu müssen. Damit setzt die EU-Kommission ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes um. Ein kleiner Mann von der Straße aus Mittelbayern hatte dagegen geklagt, dass er alleine ständig für Alles und Jedes die Zeche zahlen sollte. Nach dem Urteil des EuGH werden nun auch kleine Männer/kleine Frauen auf Rad- und Gehwegen sowie auf Wasserstraßen und Luftlinien ins Zechebezahlen einbezogen.

Am 1. Januar 2017 beginnt das öffentliche Konsultationsverfahren für die Kommissionsinitiative. In vielen Mitgliedsstaaten regt sich bereits Widerstand. Insbesondere die Nordländer wollen den statistischen Verlust an kleinen Leuten nicht hinnehmen. Ihnen droht ein gravierender Verlust an Menschen, die die Zeche zahlen. Griechenland dagegen wäre saniert.

(© Satzverstand 2016)