Drüggelte-Vorschlag: Deutschtürken könnten Besenstiele wählen

(20.08.17) Eine Empfehlung des Außenexperten Erwin T. Drüggelte sorgt für Entspannung im Streit um den Wahlboykott-Aufruf des türkischen Präsidenten Recep T. Erdogan. „Türkischstämmige Deutsche müssen bei der Bundestagswahl nicht unbedingt CDU, SPD oder Grüne wählen. Sie könnten wahlweise für entsprechend markierte Besenstiele stimmen“, sagte Drüggelte am Wochenende bei einem europapolitischen Symposium des Volkshochschul-Zweckverbandes Büren/Delbrück/Geseke/Hövelhof/Salzkotten/Bad Wünnenberg.

Der Vorschlag schließt an eine in Westost-, Ost- und Südwestfalen liebevoll gepflegte Tradition an: Vielerorts werden dort seit Jahrzehnten von der CDU aufgestellte Besenstiele gewählt. Die SPD praktiziert dieses Verfahren in ihren Hochburgen nicht minder erfolgreich.

Die Bundesregierung hat umgehend Interesse bekundet. „Das Besenstiel-Verfahren ist geeignet, sowohl den Forderungen Erdogans als auch unseren demokratischen Grundprinzipien Genüge zu tun“, betonte am Sonntagnachmittag die stellvertretende Regierungssprecherin Denise Becker-Broomstick. Bereits am kommenden Mittwoch (23. August) soll Experte Drüggelte sein Verfahren in Berlin dem Bundeskabinett vorstellen. „Frau Merkel ist für ihre Verhältnisse schon sehr hibbelig“, verrät Becker-Broomstick.

Allerdings hat sich der Bundeswahlleiter bereits skeptisch geäußert, ob noch fristgerecht zur Bundestagswahl ausreichend Besenstiele geordert und gemäß Bundeswahlgesetz gekenzeichnet werden können. Auch wenn sich der Boykottaufruf des türkischen Präsidenten nur auf CDU, SPD und Grüne beziehe, müsse man für 299 Wahlkreise 897 schwarze, rote und grüne Besenstiele bereitstellen sowie alle Stimmzettel neu mit Besenstielsymbolen bedrucken.

Begeistert zeigen sich dagegen die Fraktionschefs von Union und SPD im Bundestag, Volker Kauder und Thomas Oppermann. Mit der Fraktionsdisziplin von Besenstielen habe man bisher ausgezeichnete Erfahrungen gemacht. Auch die Bündnisgrünen signalisieren Zustimmung, bestehen aber auf Holzbesenstielen aus heimischer und nachhaltiger Ökoforstwirtschaft.

Deutliche Kritik kommt von den Nichtregierungsorganisationen LobbyControl und abgeordnetenwatch. Das Besenstiel-Verfahren stehe für eine gesichtslose, austauschbare Politik von gestern. Von den bislang im Bundestag vertretenen 27 Besenstielen sei bisher keine einzige Bürgeranfrage beantwortet worden. Auch über Nebentätigkeiten schweigen sich laut LobbyControl die meisten Besenstiele aus. Aus gutem Grund: Nach Satzverstand-Recherche sind 24 Besenstiele neben ihrer Abgeordnetentätigkeit als hochdotierte Berater in Berlin und Brüssel für das Gebäudereinigungsgewerbe aktiv.

Recep T. Erdogan, der einmal mehr eine Empörungslawine losgetreten hat, schweigt sich bisher aus. „Schweigen ist Zustimmung“, verweist Erwin T. Drüggelte optimistisch auf ein bewährtes Autokratenprinzip. Das Besenstiel-Verfahren (süpürge sapı seçimi) sei in der Türkei ohnehin längst gängige Wahlregel – allerdings beschränkt auf Besen der Regierungspartei AKP.

Von FDP-Chef Christian Lindner war bis zum späten Sonntagabend ebenfalls noch nichts zu hören. Die Liberalen scheinen beleidigt, weil Erdogan sie keines Boykottaufrufes gewürdigt hat. Schwer irritiert ist zudem die islamkritische AfD. Spitzenkandidat Alexander Gauland stehe nicht für das Kanzleramt zur Verfügung, sollte die Partei nur aufgrund türkischstämmiger Stimmen die 50-Prozent-Marke überspringen, heißt es aus Kreisen der Bewegung. Konkret entscheiden wolle man das aber erst nach der Bundestagswahl.


© Satzverstand August 2017

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